Sicherheitsregeln

Sicherheitsregeln bei Arbeiten an der elektrischen Anlage

 

Freischalten

Als Freischalten bezeichnet man das allpolige Trennen einer elektrischen Anlage von spannungsführenden Teilen. Dabei ist zwischen spannungsführendem und spannungslosem Anlagenteil eine je nach Betriebsspannung unterschiedlich lange Trennstrecke herzustellen.

Aus Sicherheitsgründen muss bei Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln ab einer bestimmten Betriebsspannung bzw. Betriebsstrom stets freigeschaltet werden, sofern keine besonderen Maßnahmen zum Arbeiten unter Spannung getroffen werden. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz liegt es bei 50 V Wechselspannung beziehungsweise 120 V Gleichspannung, in der Schweiz zusätzlich bei Strömen über zwei A (SN SEV 100-1).

Das Freischalten kann durch das Betätigen von Hauptschaltern, das fachgerechte Entfernen von Sicherungen, das Ziehen von Steckverbindungen usw. erfolgen. Schaltet der Arbeitende nicht selber frei, wie dies in manchen Fällen in Hochspannungsanlagen der Fall ist und die Freischaltung von einer Leitstelle per Fernsteuerung ausgelöst wird, darf mit der Arbeit erst begonnen werden, wenn die mündliche, fernmündliche, schriftliche oder fernschriftliche Bestätigung der Freischaltung vorliegt. Die Vereinbarung eines Zeitpunktes, zu dem freigeschaltet werden soll, ist nicht zulässig.

Gegen Wiedereinschalten sichern

Ein „Nicht Schalten“-Aufkleber als Beispiel

Um zu vermeiden, dass eine Anlage, an der gerade gearbeitet wird, irrtümlich wieder eingeschaltet wird, muss ein Wiedereinschalten zuverlässig verhindert werden. Dazu werden beispielsweise in Niederspannungsnetz die herausgedrehten Sicherungen durch abschließbare Sperrelemente ersetzt. Wenn möglich den Hauptschalter, Schaltschrank oder Sicherungskasten abschließen. Für die Dauer der Arbeit muss ein Verbotsschild gegen Wiedereinschalten angebracht sein. Dies ist allerdings nur ausreichend, wenn sich der Sicherungskasten in einem Raum befindet, der nur für Elektrofachkräfte zugänglich ist, was im Fall bei Arbeiten an Anlagen mit Hochspannung immer der Fall ist. In ferngesteuerten Hochspannungsanlagen erfolgt im Bereich der Steuerung durch eine Konfiguration das Setzen einer virtuellen Schaltsperre, die dem Operator in der Leitstelle das Verbot zum Einschalten anzeigt.

In Niederspannungsanlagen, welche auch für Laien zugänglich sind – typischerweise ist dies der Bereich der Unterverteilung – reicht diese Absicherung mit Hinweisschild nicht. Wenn der Leitungsschutzschalter lediglich mit einem Klebeschild „gesichert“ wird, gilt dies in Deutschland als grob fahrlässig. Ein Leitungsschutzschalter sollte grundsätzlich durch das Abklemmen der abgehenden Leitung oder durch eine Schaltsperre gesichert werden. Das Wiedereinschalten darf nur durch Nutzung von Werkzeug möglich sein.

Spannungsfreiheit feststellen

Die vor Ort tätige Person muss durch geeignete Mess-/Prüfmittel (Spannungsprüfer, immer zweipolig, z. B. Duspol[1]) die allpolige Spannungsfreiheit feststellen.

Bei Spannungsprüfern für Anlagen bis 1 kV handelt es sich in der Regel um zweipolige Ausführungen (mit Glimmlampe und Tauchspulmesswerk; mit Glimmlampe und Drehspulmesswerk; mit Leuchtdioden und Funktionstest). Entweder wird eine vorhandene Spannung durch eine aufleuchtende Glimmlampe, durch ein Messgerät oder durch Leuchtdioden angezeigt. Mit diesen Geräten lässt sich auch die Spannungshöhe der Anlage ermitteln. Neuere Prüfgeräte besitzen einen Unwuchtmotor, dessen Frequenz von der zu messenden Spannungshöhe abhängig ist.

Spannungsprüfer für Anlagen mit Nennspannungen über 1 kV sind einpolig. Das Messgerät ist typischerweise in Form einer bis zu mehreren Metern langen, elektrisch isolierten Lanze ausgeführt, welche händisch an die Hochspannungsleiter herangeführt wird. Mittels kapazitiver Spannungsteilung wird optisch und akustisch durch eine in der Lanze angebrachte Prüfschaltung das Vorhandensein der Hochspannung angezeigt. Die Verwendung von Niederspannungsmessgeräten wie Multimeter und andere Prüf- und Messgeräte der Messkategorien CAT I bis IV ist wegen der hohen Unfallgefahr in Hochspannungsanlagen untersagt.

Die eingesetzten Spannungsprüfer sind vor und nach Benutzung an einer definitiv spannungsführenden Quelle auf Funktionalität zu testen. Vorher, weil der Spannungsprüfer defekt sein könnte, und danach, weil er bei der Benutzung einen Defekt erlitten haben könnte. Einpolige Hochspannungsprüfer für Nennspannungen über 1 kV besitzen eine eingebaute Testeinrichtung, wodurch der Funktionstest vereinfacht wird.

Werden einschaltkurzschlussfeste Schnellerder eingesetzt (z. B. federgesteuerte Erdungstrenner in Schaltanlagen), so gilt die Betätigung des Erders als „Feststellen der Spannungsfreiheit“, jedoch sollte dies normalerweise nicht oder nur im Ausnahmefall geschehen.

Erden und Kurzschließen

Nach Feststellen der Spannungsfreiheit werden die Leiter und die Erdungsanlage mit kurzschlussfesten Erdungs- und Kurzschließvorrichtungen miteinander verbunden. Diese Maßnahme bewirkt, dass bei irrtümlichem Einschalten die vorgeschalteten Überstromschutzeinrichtungen auslösen und dass sich parallel liegende Leitungen nicht aufladen (z. B. bei Freileitungen).

Zu beachten ist auch, dass zuerst geerdet und danach kurzgeschlossen wird. In Anlagen mit Nennspannungen bis 1 kV, mit Ausnahme von Freileitungen und Verteilernetzen, darf das Erden und Kurzschließen unterbleiben, wenn die Regeln 1 bis 3 vorschriftsmäßig durchgeführt wurden.

Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken

Bei Anlagen unter 1 kV genügen zum Abdecken isolierende Tücher, Schläuche, Kunststoffabdeckungen etc. Bei Spannungen über 1 kV sind zusätzliche Warntafeln, Seile oder Absperrtafeln erforderlich. Körperschutz, eng anliegende Kleidung und Handschuhe sind zu tragen. Auch dieser Teil kann bei fachgerechter Ausführung von Punkt 1–3 bei Spannungen unter 1 kV AC oder 1,5 kV DC vernachlässigt werden.

Maßnahmen vor dem Wiedereinschalten

  • Werkzeug und Hilfsmittel entfernen
  • Gefahrenbereich verlassen
  • Kurzschließung und Erdung zuerst an der Arbeitsstelle, danach an den übrigen Stellen aufheben
  • Erdungsseil zuerst von den Anlagenteilen, danach von der Erde heben
  • Anlagenteile und Leitungen ohne Erdungsseil (sofern zuvor vorhanden) dürfen nicht mehr berührt werden
  • Entfernte Schutzverkleidungen und Sicherheitsschilder wieder anbringen
  • Schutzmaßnahmen an den Schaltstellen erst nach Freimeldung von den Arbeitsstellen aufheben

Quelle: Wikipedia (abgerufen 28.03.2013)